Tipps und Tricks
Guerilla Usability Testing - Warum 5 Testpersonen ausreichen können
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Eine gute Usability von Digitalprodukten reduziert Frust und Verwirrung beim Nutzer. Sie schafft positive Nutzererlebnisse – und beschert Ihnen damit neue und treue Kunden und höheren Umsatz.
Doch was macht eine gute Usability aus?
Eine der bekanntesten Methoden, um die Bedienbarkeit einer Website oder eines Services zu testen, ist der Usability Test. Echte Nutzer testen eine Website, einen Service oder eine Software. Gängige Tools sind z. B. moderierte Nutzertests, bei denen Benutzer eine Anwendung testen und dabei von einem Moderator beobachtet werden. Beim Eye- oder Mousetracking wiederum zeichnen Kameras und Software die Wege auf, die das Auge des Nutzers bzw. sein Mauszeiger nimmt. Bei Tiefeninterviews befragen geschulte Interviewer Probanden zu verschiedenen Themen, die das Produkt betreffen. Und schnelles Feedback erhalten Sie durch Online-Fragebögen. Um das Nutzererlebnis von Websites oder Apps zu testen, müssen Unternehmen also je nach gewähltem Tool mit hohem Zeit-, Personen- und Kostenaufwand rechnen.
„Zero users give zero insights.“
Jakob Nielsen
Das muss aber nicht sein, denn schon kleine Tests sind besser als keine. Um schnelle Erkenntnisse zu gewinnen, kann Discount- oder Guerilla Usability Testing eine kostengünstige Alternative sein. Eine Faustregel des Usability-Gurus Jakob Nielsen besagt: Bereits fünf Testpersonen decken etwa 80% aller Usability-Probleme auf, sofern die Personen derselben Zielgruppe angehören.
Was ist Discount Usability- bzw. Guerilla Testing?
Mit Discount- oder Guerilla Usability erhalten Sie schnell hilfreiche Erkenntnisse über das Nutzungserlebnis (User Experience) und die Nutzbarkeit (Usability) Ihres Angebots. Es ist eine einfache Methode, um erstes Benutzer-Feedback zu einer Idee oder einem Konzept einzuholen.
Ein Guerilla-Test dauert ca. 10 - 15 Minuten. Ziel ist es, Schwachstellen eines Produktes oder Services aufzudecken und Verbesserungspotenziale zu erkennen. Dazu betrachten und prüfen die Testnutzer gezielt bestimmte Bereiche einer Anwendung. Low-Fidelity-Prototypen im Entwicklungsprozess mit niedrigem Detaillierungsgrad sind dazu vollkommen ausreichend. So gewinnen Anbieter bereits in der Phase des Prototypings wertvolle Einsichten zur Usability ihres Produkts.
Für umfangreiche Usability Tests werden Testpersonen nach zuvor definierten Anforderungen rekrutiert. Für Guerilla- oder Discount Usability Testing hingegen finden meist Befragungen zufällig ausgewählter Testpersonen an einem öffentlichen Ort statt. Besonders geeignet dafür sind Orte, an denen sich viele Vertreter einer Zielgruppe aufhalten. Das können ein Café, ein Fitnessstudio oder einfach die Fußgängerzone sein. Die Organisatoren der Usability Tests sprechen Personen vor Ort an und entscheiden, ob diese zur Zielgruppe passen. Die Teilnahme ist natürlich freiwillig und wird oft mit einem kleinen Incentive wie einem Kaffee belohnt.
Im Detail sieht das so aus:
Bevor es ins nächstgelegene Fitnessstudio geht, sollten Sie einen Testplan erstellen. Welche Features wollen Sie testen, welche Aufgaben sollen die Testnutzer erfüllen? Was auch immer das Ziel ist, halten Sie es präzise fest.
Beispiel: Sie bieten auf Ihrer Webseite mehrere Proteinriegel und Shakes an und möchten die Kaufabwicklung optimieren.
Die Aufgabenliste für den Nutzer kann dann so aussehen:
1. Fügen Sie einen Artikel zum Warenkorb hinzu
2. Durchsuchen Sie zusätzliche Elemente
3. Gehen Sie zur Checkout-Seite
4. Einloggen
5. Ändern Sie die Lieferadresse
6. Bestätigen Sie die Transaktionsdetails
7. Drucken Sie die Zahlungsbestätigung aus
8. Suchen Sie die Zahlungsautorisierung im E-Mail-Posteingang
Im Fitnessstudio ist die Zielgruppe für diesen Fall recht einfach zu finden. Schnappen Sie sich einen Sportler, klären Sie ihn über Länge und Inhalt des Tests auf und setzen Sie sich in eine ruhige Ecke. Anschließend reichen Sie dem Testteilnehmer einen Laptop mit der Website (oder App etc.), dann arbeitet er die Aufgabenliste ab. Als Moderator schauen Sie ihm dabei genau über die Schulter, bitten den Teilnehmer laut zu denken und protokollieren alles, was ihm wichtig erscheint. Zusätzlich können Sie die Test-Session via Bildschirmaufnahme aufzeichnen.
Die Erkenntnisse listen Sie auf, anschließend besprechen und priorisieren Sie diese im Team.
Einfach und kostengünstig Nutzerfreundlichkeit prüfen
Guerilla- oder Discount Usability Tests liefern keine schlechteren Ergebnisse als “große” Usability Tests, denn durch die schnelle Umsetzung und den frühzeitigen Einsatz können Sie Pain Points rechtzeitig identifizieren und beheben. Solche Nutzertests erfüllen somit das Interesse vieler Unternehmen an geringeren Kosten und schnelleren Ergebnissen.
Wann ist Guerilla Testing sinnvoll?
Guerilla Testing eignet sich vor allem für den B2C-Bereich. Die Testings sind am besten für Anwendungen geeignet, die für eine breite Zielgruppe gedacht sind, kein Spezialwissen erfordern und keine kontrollierte Umgebung benötigen. Bespiele dafür sind Newsfeeds, E-Commerce Seiten oder Videoplattformen, die viele Nutzer bereits „gelernt“ haben und täglich nutzen. Denn je spezieller die Zielgruppen sind, desto schwieriger ist es, diese zu rekrutieren und sie an öffentlichen Orten zu finden.
Die Vorteile von Guerilla/Discount Usability Testing auf einen Blick:
- Einfache Validierung von Konzepten und Ideen
- Schnelle Identifikation des Verbesserungspotenzials der Anwendungen
- Low-Fidelity-Prototypen sind ausreichend
- Sind auch bei geringem Budget und knappem Zeitplan des Kunden möglich
- Überschaubarer Aufwand für Vorbereitung, Durchführung und Analyse
- Häufige Wiederholungen von Tests sind möglich
- Macht Spaß
Budget und Zeit abwägen
Wenn ausreichend Budget, Zeit und Personal zur Verfügung stehen, ist es immer ratsam, einen geplanten Nutzertest intern oder extern durchzuführen, für den Sie Testpersonen im Voraus zielgenau rekrutieren. Guerilla Testing aber ist das ideale Format, um Konzepte zu validieren oder frühe Prototypen zu testen – vor allem bei kleinen Budgets.
Fragen, Input, Austausch?
Lea Fabry
UX Designerin der IW Medien
UX Design verbindet drei meiner Leidenschaften: Design, Entwicklung und glückliche Menschen. Und manchmal gehört Pizza noch dazu.