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Agiles Content-Marketing: 10 Schritte für mehr Flexibilität

Lesezeit: 9 min

Agiles Content-Marketing

Der Content, den Sie heute produzieren, wird irgendwann niemanden mehr interessieren. Vielleicht kommende Woche, vielleicht kommenden Monat, vielleicht kommendes Jahr. Formate, Kanäle, Zielgruppen und deren Content-Vorlieben ändern sich – und die Produzenten von Inhalten müssen sich auch ändern. Rechtzeitig, bevor das Publikum das Interesse an ihrem Content verliert.

Wie, wann und wie gut Content-Produzenten auf Veränderungen reagieren, hängt nicht nur davon ab, wie fit sie inhaltlich in ihren Themen sind – das sollte man voraussetzen. Sondern vor allem davon, dass Sie das Mindset, alle Informationen und die Strukturen haben, um flexibel Content zu produzieren: von einer agilen Content-Marketing-Strategie. Zehn wichtige Schritte zu mehr Content-Flexibilität haben wir für Sie zusammengestellt:

1. Agilität: Agile Methoden sind gut – aber agiles Denken reicht auch

Bild von Social Media Kanälen als Apps auf dem Smartphone

Zugegeben, Agilität ist ein Buzzword. Das Agile Manifest und die damit verbundenen Prinzipien stammen aus der Softwareentwicklung. In immer mehr Branchen werden sie aber als Chiffre für neue Formen der Zusammenarbeit intern und mit Kunden verwendet und durch Projektmanagement- und Entwicklungsmethoden wie Scrum in den Arbeitsalltag adaptiert. Dabei missverstehen vor allem Manager „agil“ gerne nur als „schnell“ – richtiger ist „flexibler“.

Mit agilen Methoden und deren Anwendung in der Praxis ließen sich monatelange Weiterbildungen füllen. Was die agile Content-Marketing-Strategie angeht, muss aber niemand warten, bis ein Kollege etwa zum Scrum-Master ausgebildet worden ist. Das wichtigste agile Content-Prinzip ist schnell verstanden, auch wenn die Verinnerlichung dauern kann: Das Reagieren auf Veränderungen ist wichtiger als das Befolgen eines (Redaktions-)Plans. Ein Plan gibt Struktur und Verlässlichkeit, ein Plan kann aber genau die Flexibilität verhindern, die in der Content-Erstellung wichtig ist. Content-Produzenten sollten so agil – also flexibel – sein, dass sie inhaltlich und zeitlich schnell auf aktuelle Ereignisse oder veränderte Content-Wünsche reagieren können.

Voraussetzung dafür ist geistige Beweglichkeit. Content-Produzenten müssen sich einlassen aufs Hinterfragen, Verändern, Über-den-Haufen-werfen. Gibt es ein neues Hype-Medium, ist ein neues Thema in anderer Aufbereitung für einen anderen Kanal und eine andere Zielgruppe gefragt: anpacken, nicht auf den Redaktionsplan gucken und erstarren.

2. Zielgruppen analysieren

Daten, Daten, Daten

Persona-Daten-auswerten

Anforderungen an flexibles Content-Marketing sollten sich immer aus veränderten Bedürfnissen und Anforderungen Ihrer Zielgruppe(n) ergeben. „Wir müssen mehr Video-Content produzieren“ oder „Alle machen jetzt Podcasts, also brauchen wir auch einen“ sind vielleicht gute Startpunkte, um Content-Ideen zu entwickeln. Sie erfordern aber den Abgleich mit den Interessen der Zielgruppen, um erfolgreich zu sein.

Um Aussagen über Zielgruppen und deren Interessen zu treffen, brauchen Sie Daten, Daten und noch mehr Daten. Digital ermöglicht zum Beispiel Google Analytics eine immer tiefere Analyse demografischer Daten Ihrer Webseiten-Besucher sowie von deren Verhaltensfluss und Themeninteressen auf Ihrer Seite. Spezialisierte Agenturen helfen dabei, solche Daten aufzubereiten und so zu interpretieren, dass Sie daraus Erkenntnisse über Ihre Zielgruppen gewinnen, um daraus Schlüsse für Ihren Content zu ziehen. Offline klappt das etwa mit Marktforschung oder Testings durch Vertreter der angestrebten Kundengruppe.

Natürlich gilt schon hier: Seien Sie agil – lassen Sie sich auf Veränderungen ein. Etwa wenn die Daten ergeben, dass Männer zwischen 35 und 55 zwar Ihre gewünschte, aber Frauen zwischen 20 und 30 Ihre tatsächliche Zielgruppe sind.

Personas und echte Menschen

Aggregierte Daten sind gut. Deutlich besser aber ist es, wenn Ihre Zielgruppen Gesichter kriegen. Dazu können Sie aus den Daten Personas erstellen, fiktive Vertreter Ihrer Zielgruppen, denen Sie Eigenschaften und Interessen zuschreiben, die Sie aus der Datenanalyse gezogen haben. Eine Persona steht damit aber nicht für eine Mehrheit oder den Durchschnitt der angestrebten Zielgruppe – sie ist eine Idealisierung.

Wer organisatorisch und finanziell einen Schritt weiter gehen will, sollte deshalb echte Menschen interviewen. Nicht in einer anonymen Marktforschung, sondern real existierende, repräsentativ ausgewählte Vertreter der Zielgruppen, die Auskunft zu Interessen, Verhaltensweisen und allen soziodemografischen Merkmalen geben. Bonus: Diese echten Menschen können Sie später auch in der Content-Erstellung unterstützen, indem sie Ihnen ein Feedback zu angedachten oder halbfertigen Content-Ideen geben.

Seien Sie auch hier flexibel: Wollen Sie dieselben Menschen lange begleiten (zum Beispiel in der Mitarbeiterkommunikation für die chemische Industrie), befragen Sie sie regelmäßig nach veränderten Bedürfnissen und Interessen. Geht es Ihnen wiederum um Menschen in einer konkreten Lebensphase (zum Beispiel der Berufsorientierung), bleiben Sie nur mit frischen Interviewpartnern up to date etwa bei dem, was „die Jugend von heute“ interessiert.

3. Bedürfnisse und Content Sweetspots

Content Sweetspots sind die Schnittmengen Ihrer Kernkompetenzen mit den Bedürfnissen Ihrer Zielgruppen. Ob von Personas oder echten Menschen abgeleitet: Aus diesen Sweetspots ergeben sich übergeordnete Erzählungen. Wenn man so will, ist das die Philosophie dahinter, warum Sie mit welchem Content  wo welche Zielgruppe erreichen und was diese Zielgruppe mit Ihrem Content machen soll. In diese Erzählungen müssen also alle Content-Ideen passen – zugleich müssen aber auch die Sweetspots und Erzählungen selbst immer wieder hinterfragt werden, denn vielleicht haben sich Schnittmengen verschoben.

Ein Beispiel aus der IW Medien: Zu unseren Kernkompetenzen zählen Angebote für die Berufsorientierung von Jugendlichen. Außerdem arbeiten wir lange und eng mit der Metall- und Elektro-Industrie zusammen. Von Schülern wissen wir, dass sie sich – je nach Schulform mal früher, mal später – mehr Angebote zur Berufsorientierung in der Schule wünschen. Von den Unternehmen wissen wir, dass sie in vielen Ausbildungsberufen nicht genug Bewerber finden. Von den Schulen wissen wir, dass sie im Regelunterricht kaum Zeit haben, eine angemessene Berufsorientierung sicherzustellen. Daraus ergibt sich die Erzählung: Wir bringen mobil und interaktiv Berufsorientierung zu Schülern, entlasten so Lehrer und unterstützen Unternehmen bei der Nachwuchsgewinnung. Die Umsetzung: Wir konzipieren und betreiben die M+E-Infotrucks für Gesamtmetall sowie den Touch Tomorrow Truck für die Dr. Hans Riegel-Stiftung. Und weil Jugendliche viel Zeit mit dem Smartphone und in Social Media verbringen, gibt es für beide Kampagnen auch Social-Media-Auftritte.

4. Content Strukturen

Wer soll überhaupt Content erstellen?

Wer eine Strategie aufsetzen will, sollte alle Variablen kennen, die diese Strategie beeinflussen. Dazu gehören externe Variablen wie Zielgruppen und deren Interessen, die Sie, so gut es geht (und am besten regelmäßig neu), bewerten und strategisch einsortieren müssen.

Die wichtigste interne strategische Vorarbeit – die Ihnen auch niemand abnehmen kann – ist: Stellen Sie fest, wer in Ihrem Unternehmen überhaupt Content produziert. All diese Kollegen müssen in Ihrer Strategie berücksichtigt sein.

Content entsteht in Abteilungen und über deren Grenzen hinweg, auch dort, wo Sie es vielleicht nicht vermuten. Klar, die Kommunikationsabteilung schreibt Pressemitteilungen. Das Marketing füllt Imagebroschüren. Aber: Auch die Personalabteilung erzeugt Content. Jede Stellenanzeige, jede Karriereseite hat Inhalte, die sich an eine bestimmte Zielgruppe richten und ein eindeutiges Ziel haben: Bewirb dich! Auch der Kundendienst erzeugt Content – jede Bedienungsanleitung, jedes Telefonat soll Probleme Ihrer Kunden lösen. Und der Sicherheitsbeauftragte entscheidet mit seinen Formulierungen auf Aushängen oder im Sicherheitseinweisungsvideo auch darüber, wie Besucher Ihres Unternehmens angesprochen werden.

Welcher (Marketing-)Content ist bereits vorhanden?

Was ist eigentlich Content? Dieses „Was“ sollten Sie parallel zum „Wer“ bedenken, denn nur so finden Sie auch möglichst alle Content-Produzenten. Für Ihre strategische Planung sollten Sie Content bewusst weit fassen als sämtliche Inhalte – oder sogar Dinge –, die in irgendeiner Form Dritten eine Botschaft vermitteln. Alle medialen Erzeugnisse wie Texte, Infografiken, Videos, Audiobotschaften und Durchsagen, Aushänge, Plakate und Social-Media-Auftritte gehören zu diesem Content Audit selbstverständlich dazu. Aber auch Ihre Messestände, die Beschilderung Ihres Geländes oder Gebäudes, selbst das Design der Arbeitskleidung können (potenziellen) Kunden eine Menge über das Selbstverständnis und die Anliegen Ihres Unternehmens verraten.

Diese Vielzahl an Beteiligten und verschiedenen Arten von Content können anfangs chaotisch und überfordernd sein . Sie sind aber Voraussetzung dafür, Ihren Content optimal auf die Zielgruppen zuzuschneiden: Nur in der Gesamtschau übersehen Sie nichts. Und nur, wenn Sie alle Inhalte kennen, können Sie sie sinnvoll nach Zielgruppen und/oder Kanälen segmentieren und jeweils strategisch ausspielen.

Für diese Zuordnung und die Ableitungen daraus sollten Sie sich viel Zeit nehmen. Für die Umsetzung empfiehlt sich ein Workshop mit allen Beteiligten: Welcher Inhalt richtet sich auf welchem Kanal mit welchem Ziel an wen? Besonders wichtig ist es, Widersprüche zu identifizieren und Wege zu überlegen, wie man diese ausräumen kann: Nutzen Sie andere Inhalte, die ein Ziel untergraben? Verfolgen unterschiedliche Abteilungen mit ihren Inhalten gegensätzliche oder einander ausschließende Ziele bei derselben Zielgruppe?

5. Zuständigkeiten festlegen

Checkliste für den Workflow

Am Ende Ihres Workshops steht bestenfalls eine für Ihre Ziele und Zielgruppen differenzierte Content-Marketing-Strategie. Jetzt müssen Sie sie „nur noch“ mit einem vielleicht sehr gemischten Team umsetzen. Alle Content-Produzenten im weiteren Sinne, und gegebenenfalls deren Vorgesetzte, müssen wissen und verstehen, dass das alte Denken in Abteilungs- und Kompetenzgrenzen ausgedient hat – weil Sie es durch einen strategischen Content-Ansatz ersetzen.

Ist diese Überzeugungs- oder Überredungsarbeit geglückt, müssen Sie konkret werden. Und das heißt: den Workflow festlegen. Etablieren Sie Zuständigkeiten.

Die wichtigsten:

  • Wer hat die Gesamtverantwortung, berichtet ans Management und kann Budgets besorgen? Haben Sie eine sehr differenzierte Strategie, bleibt es vielleicht bei Teilverantwortungen für Kanäle oder Zielgruppen – aber wichtig ist, dass jemand „den Hut aufhat“.
  • Wer hat die strategischen Ziele im Blick und lädt regelmäßig zu Meetings ein zur Fortentwicklung der Strategie (nicht nur, wenn etwas schlecht läuft …)?
  • Wer plant die Themen und Formate und holt bei wem die Freigabe für die Planungen ein?
  • Wer pflegt den Content-Plan und brieft die Content-Produzenten?
  • Wer erstellt welchen Content in welchem Format bis wann?
  • Wer kann über den Einsatz von freien Mitarbeitern und Dienstleistern entscheiden und diese anfragen?
  • Wer stimmt Content bis wann mit wem ab?
  • Wer holt – sofern vorhanden – Feedback bei der Endnutzer-Gruppe ein (siehe Punkt 2) und spielt es zurück an die Produzenten?
  • Wer gibt Content bis wann frei?
  • Wer veröffentlicht ihn wann auf welchem Kanal? Bei Digitalprojekten: Sind die Content-Produzenten auch die Content-Manager, pflegen also ihre Inhalte selbst ins CMS ein?
  • Wer hat zeitliche und inhaltliche Abhängigkeiten zwischen Content und Kanälen im Blick? Zum Beispiel ergibt ein LinkedIn-Artikel über Ihr neues Whitepaper erst Sinn, wenn es auch auf der Webseite steht. Oder ein Instagram „behind the scenes“ vom Videodreh erst, wenn Ihr YouTube-Kanal aktualisiert wurde.
  • Wer vermarktet Content?
  • Wer beobachtet die Performance und erstellt Reportings?
  • Wer vertritt wen bei welchen dieser Aufgaben?

6. Trotz klarer Regeln des Content-Marketing-Plans flexibel bleiben, aus Abweichungen lernen

In der agilen Content-Marketing-Strategie führen solche Zuständigkeiten zu Verlässlichkeit, Nachvollziehbarkeit und Replizierbarkeit (ein vergleichbares Projekt könnte also in den gleichen Strukturen durchgezogen werden). Es entsteht ein buchstäblich regelmäßiger Workflow.  

Das heißt nicht, dass die Regeln starr sind. Sie können sie zugunsten des berüchtigten kurzen Dienstwegs aufbrechen. Sie können „schnell mal jemand anderen fragen“ oder sagen „Der hatte eh Zeit, also hat er es gemacht“ – und natürlich auch sich selbst anbieten und einbringen, wenn Sie gerade Zeit und Lust haben. Sind Ihre Kollegen und Sie so flexibel, auszuhelfen, wenn es irgendwo brennt, ist das erstmal toll.  

Jeden Einzelfall aber sollten Sie dokumentieren: Wer ist warum wovon abgewichen und hat was anders gemacht? Einerseits ist das ganz kleingeistiger Selbstschutz – man kann jemanden verantwortlich machen. Andererseits aber lernen Sie so auch für Ihre Strategie: War das Ergebnis der Abweichung eher mau, wissen alle, wie es nicht nochmal laufen sollte. Kommen aber viele erfolgreich verlaufene Einzelfälle zusammen, wäre es Zeit, dass Sie die Zuständigkeiten oder den Workflow anpassen, die ja ohnehin ständig umgangen werden. 

Rituale vermeiden 

Auch im Workflow profitieren Sie also von Flexibilität und vom agilen Denken: „Individuen und Interaktion“, schreiben die Autoren des Agilen Manifests, hätten sie mehr zu schätzen gelernt als „Prozesse und Werkzeuge“ – auch wenn Letztere wichtig blieben. 

Wohin die Interaktion von Individuen in Content-Projekten nicht eskalieren sollte, sind die mit Agilität häufig verknüpften Rituale oder Zeremonien: tägliche oder wöchentliche Meetings, die dem Austausch über Stand und Stoßrichtung eines Projekts dienen. Solche Rituale ergeben zwar Sinn in den Startphasen von Content-Projekten, etwa wenn eine neue Webseite aus dem Boden gestampft oder ein neuer Messeauftritt konzipiert und umgesetzt wird: Unterschiedliche Abteilungen sind beteiligt, ein gemeinsames Format ist notwendig. Jeder gibt ein kurzes Update seiner Aufgaben, neue Anforderungen werden besprochen, neue Prioritäten definiert, Zwischenergebnisse vorgestellt. Anfangs sind solche Rituale also quasi gelebte Flexibilität. 

Anders sieht es aber aus, sobald das Content-Marketing ins Tagesgeschäft übergeht und die Content-Produzenten unter sich sind: Meine Erfahrung in Content-Projekten ist, dass ein Briefing zu Botschaft und Format sowie eine Deadline als zentrale Regeln meist ausreichen. Viele Content-Produzenten sind ja nichts anderes als (ehemalige) Journalisten oder Agenturleute oder jedenfalls Menschen, die „was mit Medien“ gemacht haben. Sie sind Themen-, Zeit- und Kostendruck gewohnt, sie laufen los und finden zum Ziel, Umwege oder Abkürzungen inbegriffen (s. o.). 

Im Content-Tagesgeschäft ist Flexibilität also eine Frage der sinnvoll zugeteilten Verantwortung: Die Zuständigkeit dafür, dass etwas hinten rauskommt, sollte bei jemandem liegen, der selbst erfahren in der Content-Erstellung ist. Nicht bei jemandem, der Video-Producer, Texter, Illustratoren und Co. langsam in einen Ritualisierungs-Sog zieht. 

7. Agile Content-Strategie in Verbindung mit Unternehmensstrategie entwickeln

Menschen entwickeln eine Strategie

Sie können den Erfolg Ihres Contents aus sich heraus bewerten, also etwa Video-Ansichten zählen, die Scrolltiefe auf Ihrer Webseite tracken oder Verkäufe in Ihrem Online-Shop messen (eine Produktseite ist schließlich auch „Content“) und sich über wachsende Werte freuen. Aber diese isolierte Betrachtung ist wenig aussagekräftig. Denn sind diese Zahlen per se „gut“ für Sie?

Solche Kennzahlen sollten immer auf ein strategisches Ziel einzahlen – eine Content-Strategie braucht die Rückkopplung an Ihre Unternehmensstrategie. Das heißt aber auch, dass die strategischen Ziele messbar sein müssen in Form harter KPIs. Sie wollen Ihren Absatz im Segment Sportschuhe für Kinder um 10 Prozent steigern? Oder 20 Prozent mehr Bewerber in einem Ausbildungsberuf, den Sie vermarkten? Mit solchen strategischen Zielen lässt sich bereits Content entwickeln.

Hat Ihr Unternehmen dagegen nur weiche strategische Ziele wie „die Nummer 1“ werden oder „immer einen Schritt voraus sein”, sollten Sie das (nicht nur) in der agilen Content-Marketing-Strategie in möglichst harte KPIs übersetzen: Sie zerlegen diesen Anspruch in messbare Einheiten und definieren, bei welchen Zielgruppen Sie mit welchem Content auf welchen Kanälen welche Ziele erreichen und anhand welcher Zahlen Sie die Zielerreichung bewerten wollen. Will Ihr Unternehmen „die besten Kunden haben”, können Sie zum Beispiel in Social Media Ihre Follower und Interaktionsraten betrachten und so feststellen, ob Ihre Kunden zumindest schonmal loyal sind.

8. Monitoring und Strategieänderungen

Diese klar definierten Kennzahlen betrachten und bewerten Sie regelmäßig vor dem Hintergrund des übergeordneten Ziels. So kommen Sie zu besser begründeten Aussagen und Ableitungen. Die richtige Interpretation der Zahlen ist dabei entscheidend für die weitere Vorgehensweise. Performen Ihre Produktvideos zwar schlecht, was die Zugriffe angeht? 80 Prozent der Nutzer schauen sich aber 90 Prozent der Laufzeit an? Und wie Sie aus Ihren Analysedaten wissen, gehören die Nutzer auch genau zur gewünschten Zielgruppe? Dann sollten Sie daraus nicht schließen, dass „die Videos schlecht laufen“. Sondern dass Sie zum Beispiel noch einmal zielgerichtet in Videomarketing investieren, um auch die Zugriffszahlen zu steigern. Solche plakativen Erfolgszahlen können notwendig sein, wenn Sie an diejenigen reporten, die die übergeordnete Unternehmensstrategie verantworten und vor allem fragen „Und wie viele gucken sich das an?“.

Die „richtige“ Analyse von Daten kann allerdings eine tagesfüllende Aufgabe sein: Google Analytics etwa bietet so viele Zahlen, dass deren sinnvolle Verknüpfung und Bewertung häufig von Vollzeit-Web-Analysten inhouse oder spezialisierten Dienstleistern übernommen wird. Dieser Aufwand lohnt sich, denn so merken Sie vom ersten Content an, ob das, was Sie tun, wirklich auf Ihre Ziele einzahlt – oder ein strategisches Ziel gefährdet ist und Sie umsteuern sollten. Dann geht es wieder mal darum, flexibel zu reagieren: Halten Sie am Ziel und den Zielgruppen fest, überdenken aber den Content? Passen Sie Ihre Zielgruppen an, weil Sie feststellen, dass Ihr Content sehr gut performt, nur bei anderen Menschen? Oder sind Sie sogar so flexibel, dass Sie Ihr strategisches Ziel gegen ein gleichwertiges austauschen, das Ihnen gerade offenbar viel besser gelingt?

9. Feedback und Messung der Kundenzufriedenheit

Bestenfalls können Sie Ihre Datenanalyse auch durch das Feedback echter Nutzer ergänzen. Die haben Sie ja vielleicht noch aus der Konzeptionsphase „übrig“ (vgl. Punkt 2). Kein Algorithmus wird Ihnen je so viel über die Motive eines Menschen, Ihren Content (nicht) zu nutzen, verraten können, wie dieser Mensch selbst. Was frustriert ihn an der Form und/oder dem Inhalt von Text/Video/Infografik etc.?  Und was können Sie beim nächsten Mal besser machen, um diesen Nutzer besser zu erreichen? Und mit ihm alle vergleichbaren Nutzer – denn ein bisschen Generalisierung muss sein, wenn Sie nicht regelmäßige Vollerhebungen Ihrer Zielgruppe machen wollen.

Wir machen in agilen Content-Projekten gute Erfahrungen mit der Methode des Design Thinking. Zwei zentrale Bestandteile: die Orientierung an dem, was der Nutzer haben will – nicht nur an dem, was Sie verkaufen wollen. Sowie: Das perfekte Produkt entsteht nie im ersten Anlauf. Design Thinking schafft in einem sogenannten iterativen Prozess Produkte oder Dienstleistungen, die dem Nutzer immer wieder vorgelegt und anhand seines Feedbacks verbessert werden. Das kostet Zeit, Geld und Nerven. Aber es lohnt sich, wenn dadurch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass der Nutzer mit Ihrem Content etwas macht, das zugleich ihn zufriedenstellt und Ihre Ziele erfüllt.

Wenn Sie nicht die komplette Design-Thinking-Methode verinnerlichen wollen, orientieren Sie sich in Content-Projekten an einem Schlagwort, das eigentlich aus der agilen Softwareentwicklung stammt: MVP, das Minimum Viable Product oder das Produkt, das die Mindestanforderungen erfüllt. Streben Sie Perfektion in Text, Foto, Video oder Kampagne nicht auf einen Schlag an. Sondern zerlegen Sie Ihr Content-Produkt in aufeinander aufbauende Teile: Schreiben sie den roten Faden eines Geschäftsberichts oder einer Videoreihe nieder, holen Sie sich Feedback und überarbeiten ihn. Flanschen Sie ein erstes Seitenteil an, lassen Sie auch das begutachten. Und so weiter. Das frisst Zeit in der Content-Konzeption und -Erstellung – Ihre und die der Menschen, die Ihnen Feedback geben. Es erspart Ihnen aber den Frust, etwas gemacht zu haben, das niemand nutzt.

10. Keine Angst vorm Kunden

Feedback - Daumen hoch, Daumen runter

Sind Sie kein Mitarbeiter eines Unternehmens, das selbst etwas verkauft, sondern Dienstleister zum Beispiel bei einer Kommunikationsagentur – nehmen Sie die vorherigen Absätze mal 2. Durchlaufen Sie mit Ihren Kunden den iterativen Prozess einer ständigen Annäherung, um ein gemeinsames Verständnis von Ziel und Zielgruppen Ihrer Kommunikation zu schaffen. Welcher Content soll auf welchem Kanal bei wem was auslösen? Meist gibt es hierzu auf beiden Seiten implizite Erwartungen, vermeintliche Selbstverständlichkeiten, „Haben wir doch immer so gemacht“s und oft auch schlichte Ahnungslosigkeit und Missverständnisse.

Haben Sie deshalb keine falsche Scheu vor den Menschen, die für Ihre Leistungen bezahlen. Haben Sie aber auch bitte nicht die Arroganz zu denken, dass Sie es ohnehin besser wissen als der Kunde. Wie erwähnt: Meist besteht auf BEIDEN Seiten jede Menge Nicht-Wissen. Natürlich werden Sie nicht in allen Aspekten auf Augenhöhe sein. Sitzt ein gelernter Journalist einem BWLer mit Marketing-Schwerpunkt gegenüber, sind zum Beispiel die Definitionen von „guter“ oder „zielführender“ Sprache ziemlich unterschiedlich. Aber um das festzustellen, muss man eben erstmal den Austausch suchen und zulassen. Eine gegenseitige Annäherung über die iterative Content-Konzeption und -Erstellung gibt Ihren Kunden das gute Gefühl, dass sie immer besser verstanden werden. Und Sie gewinnen Insights in die Beweggründe, Erwartungen und Denkweisen Ihrer Auftraggeber, die Ihnen in weiteren Projekten mit demselben oder vergleichbaren Kunden noch nützlich sein können.

Das gemeinsame Verständnis mit dem Kunden ist dann die Voraussetzung, um auch den zweiten Schritt zu gehen: Machen Sie Ihren Kunden klar, dass Ihre und deren Erwartungen nur zwei Seiten des Dreiecks sind. Die der Nutzer sind die dritte Seite. Ihr Kunde wird zwar für Ihre Content-Leistungen bezahlen – etwas damit anfangen sollen aber die Endkunden. Also brauchen Sie auch Insights über diese. Regelmäßige Endkundenbefragungen sollten also in der Konzeption und im Verlauf Ihres Projekts selbstverständlich sein – und selbstverständlich vom Kunden akzeptiert und finanziert werden.

11. Bonus: Bleiben Sie flexibel

Ein zu starres Schema ist der Tod jeder Kreativität. So wichtig Workflows sind – Sie werden vor Aufgaben oder Projekten stehen, die alle bestehenden Prozesse infrage stellen. So wichtig Ihre User-Insights aus einem Content-Projekt sind – sie werden Ihnen in vergleichbaren Projekten nur wenig helfen. So aktuell ein Content-Format in einer Kampagne gewesen sein mag – bis zur nächsten kann der Hype-Train längst woanders stehen. Aber auch umgekehrt: Selbst wenn Sie alle genannten Schritte berücksichtigt haben, wenn alle Zuständigkeiten verteilt und offenen Fragen geklärt sind und Sie loslaufen: Irgendwann und irgendwo können immer Hindernisse auftauchen. Erschrecken Sie nicht und fallen Sie nicht darüber. Erkennen Sie sie rechtzeitig und laufen sie drum herum.

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Nicolas Schöneich
Senior Concepter der IW Medien

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