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„Es war nie spannender, älter zu werden“

Demografie-Expertin Margaret Heckel. Bild: imago/Müller-Stauffenberg.

Unser aktiv-online Chefreporter Ulrich Halasz spricht mit der Demografie-Expertin Margaret Heckel  über den demografischen Wandel im Land. Warum sie in der alternden Gesellschaft auch eine große Chance für die deutsche Wirtschaft sieht, erklärt sie im IW-Medien-Gespräch.

Das Glück der zweiten Lebenshälfte

Ein Seegrundstück in Potsdam, prächtige Alleenbäume, Kopfsteinpflaster, in der Nachbarschaft wohnen Herbert Grönemeyer und Günter Jauch. Margaret Heckel öffnet die schwere hölzerne Wohnungstür, strahlend, in der Hand einen dampfenden Cappuccino. Das passt irgendwie.

Denn mit der langjährigen Politik-Chefin von „Welt“ und „Welt am Sonntag“ sind wir hier verabredet, um über ein paar heiße Themen zu diskutieren: Fachkräftemangel, Renteneintrittsalter, den demografischen Wandel, unsere Lebensarbeitszeit. Seit Jahren beschäftigt sich die intime Kennerin des Berliner Politikbetriebs mit genau diesen Themen. Ihre Forderung: „Wir müssen die alternde Gesellschaft als Chance für unser Land betrachten! Und zwar auch als Chance für unsere Arbeitswelt!“

Statt schon mit 50 Jahren den vermeidlich besten Jahren hinterher zu trauern, beschwört Heckel das Glück der zweiten Lebenshälfte.  „Wir alle leben doch länger und gesünder als je zuvor“, sagt sie. Heute geborene Kinder hätten eine hohe statistische Chance, 100 Lebensjahre zu erreichen. Ältere Mitarbeiter, die sich mit über 60 Jahren noch einmal beruflich neu erfinden? „Das wird zukünftig ganz normal werden“, ist Heckel überzeugt. Sie erwartet einen selbstverständlichen und hochflexiblen Wechsel zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung, eine entzerrte Rushhour in der Lebensmitte, und eine Arbeitswelt, die sich besser auf die Bedürfnisse und Wünsche älterer Mitarbeiter wird einstellen müssen.

Rente mit 63? „Keine gute Idee!“

Auch, um den immer drängenderen Fachkräftemangel noch irgendwie in den Griff zu bekommen. 1,8 Millionen offene Stellen waren im dritten Quartal 2022 in Deutschland zu besetzen. Das geht aus der neuen Stellenerhebung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Und es wird noch schlimmer werden. Allein in den nächsten 15 Jahren dürfte die Zahl der potenziell berufstätigen Bevölkerung um fünf Millionen Köpfe sinken.

Heikelste These Heckels daher: „Wir werden alle länger arbeiten!“ Rente mit 63? „Keine gute Idee!“ Problem: Mit solchen Aussagen macht man sich derzeit nicht unbedingt viele Freunde in Deutschland. Laut einer aktuellen Umfrage wollen 62 Prozent der Deutschen mit 63 Jahren oder früher in Rente gehen. Und nur acht Prozent gaben an, dass sie bis 67 oder länger arbeiten wollen. Margaret Heckel aber ficht das nicht an. „Es war nie spannender, älter zu werden!“

Das ganze IW Medien-Gespräch über die besondere Motivation älterer Mitarbeiter, die Gefahr des schwarzen Lochs nach dem Renteneintritt und Blutgefäße aus dem 3D-Drucker lesen Sie hier.

Mehr Infos zum Autor.

Ulrich Halasz
Chefreporter der IW Medien

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