Tipps und Tricks
Herausforderung: Die richtige Agentur finden
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10 Praxistipps zur Agenturauswahl
Die Frage, mit welcher Agentur Sie Ihre Kommunikationsziele am besten umsetzen, ist erfolgsentscheidend und komplex zugleich. Als Auftraggeber sind Sie gut beraten, über Ihre Hausagentur hinaus – sofern Sie eine haben – den Markt der Kommunikationsdienstleister gezielt zu scannen. Das ist oft eine zeitaufwändige Übung, denn es fehlt eine zentrale „Matching-Plattform“. Folgende Tipps helfen Ihnen, die passende Agentur für Ihr Projekt zu finden:
1. Googeln, na klar – aber …
Wenn Sie den Markt an Kommunikationsagenturen gar nicht kennen und Sie weder über Kontakte noch Empfehlungen in der Branche verfügen, werden Sie vermutlich Ihr Glück über Suchmaschinen versuchen. Die Eingabe von „Kommunikationsagentur Kampagne“ erzielt über 100.000 Treffer. Ergänzen Sie etwa eine Metropole Deutschlands, bleiben immer noch mehr als 25.000 Treffer übrig. Und wer oben steht, ist oft nicht die beste, sondern lediglich die Agentur mit dem besten Search Engine Marketing (Suchmaschinenmarketing).
Hinzu kommt, dass Kommunikationsagenturen geübt darin sind, ihre Kompetenzen glänzen zu lassen. Das machtes noch einmal schwieriger und zeigt: Google kann Ihnen auf Ihrem Weg zur richtigen Agentur erst dann richtig helfen, wenn Sie ein wenig mehr wissen – zur Art Ihrer Kampagne, zur konkreten Aufgabe, Ihren Zielgruppen und Ihren Wettbewerbern. Schwebt Ihnen zur Lösung Ihrer Aufgabe eher eine Kreativagentur vor, die geübt darin ist, in befristeten Kampagnen Marken zu inszenieren? Oder denken Sie eher an eine PR-Agentur, die längerfristige Imagearbeit leistet?
2. Vertrauen hat Vorrang
Neben der fachlichen Expertise ist Vertrauen ein entscheidender Faktor bei der Wahl der richtigen Agentur: In dieser Partnerschaft gewähren Sie schließlich Einblicke ins Innere Ihres Unternehmens. Sie geben Defizite und Probleme preis, die nicht in die Öffentlichkeit gehören. Hier müssen Sie auf Diskretion und Seriosität zählen können, aber natürlich auch auf die Professionalität und Qualität der Agenturarbeit. Oft hilft der Blick auf die Projektreferenzen und Kunden auf der Agentur-Webseite. Natürlich sind hier persönliche Empfehlungen auch wertvoll. Darüber hinaus kann die Zugehörigkeit zu einem Verband ein Signal sein für die Qualität der Agentur.
3. Plattformen und Rankings nutzen
Der Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA), der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) und die Gesellschaft Public Relations Agenturen (GPRA) haben inzwischen eine Plattform entwickelt, die den Prozess der planvollen Agenturauswahl professionell ausleuchtet – und Wege zu ihren Mitgliedsagenturen aufzeigt. Ein weiteres Indiz für die kommunikative Leistungsfähigkeit einer Agentur sind Kreativrankings und -awards.
Plattformen und Rankings bieten Ihnen Orientierung. Bedenken Sie aber: Es gibt auch zahlreiche überzeugte Nicht-Verbandsmitglieder und Agenturen, denen das Ansehen bei ihren Kunden wichtiger ist als ein Platz in der kreativen Hitliste.
4. Sympathiefaktor nicht vergessen
Eng mit Vertrauen verbunden ist der Faktor der Sympathie. Denn Sie vertrauen den Menschen mehr, die Sie sympathisch finden. Das ist vor allem wichtig, wenn Sie eine langfristige Agenturbeziehung suchen. Lernen Sie das Team unbedingt persönlich kennen. Im Pitch um Ihren Kommunikationsetat gewinnen Sie hierzu wertvolle Erkenntnisse: Empfinden Sie eine menschliche Nähe zu den Fachleuten, die die Lösungen Ihres Problems präsentieren? Spricht der Kundenberater Ihre Sprache?
5. Spezialist oder Full-Service-Agentur?
Nicht selten erweist sich ein Kommunikationsprojekt als so vielschichtig, dass ein breites Kompetenzspektrum auf Agenturseite gefragt ist. Beispiel: Markenentwicklung. Hier sind Sie gut beraten, wenn Sie einen breiter aufgestellten Agenturpartner engagieren, der nicht nur Markenarchitektur und Corporate Design entwickelt, sondern die Marken anschließend auch auf Ihren kommunikativen Spielwiesen wirkungsvoll erlebbar macht. Die Vorteile für Sie liegen auf der Hand: Kommunikation aus einer Hand – mit nur einem Ansprechpartner. Wenn die zu erbringende Leistung allerdings besondere Expertise erfordert, zum Beispiel im E-Mail-Marketing, oder die Integration in Ihr kommunikatives Gesamtpaket nicht im Vordergrund steht, kann eine Spezialagentur die richtige Wahl für Sie sein.
6. Local Player können wertvoll sein
Mit der Ausbreitung digitaler Kommunikation ist der Sitz der Agentur immer weniger entscheidend geworden. In Zeiten der Corona-Pandemie hat auch das letzte Unternehmen gelernt, mithilfe von Teams, Zoom oder Skype zu kommunizieren. Auch Pitches (Wettbewerbspräsentationen), werden nach der Pandemie nicht selten am Bildschirm durchgeführt werden. Allerdings gibt es Kommunikationsaufgaben, die ein Dienstleister in der Region oder vor Ort einfach besser bewältigen kann: Wenn sich die Kommunikation an besondere Zielgruppen in Ihrer Stadt oder Region richtet, ist es von Vorteil, wenn sich die Agentur im gleichen kulturellen, medialen und sprachlichen Umfeld befindet. In diesem Fall ist es ratsam, bei Ihrer Suche die Stadt oder Region zu ergänzen, um die es Ihnen geht.
7. Briefing aufsetzen - Angebote einholen
Ihr erster Scan nach geeigneten Agenturen ist erfolgt und Sie haben eine Liste von etwa fünf Kandidaten. Bevor Sie nun den Hörer in die Hand nehmen, sollten Sie das Agenturbriefing skizzieren, mit dem Sie Ihre Agenturkandidaten konfrontieren. Fragen Sie persönlich an, hören Sie nach, ob wirklich Interesse an der Bewältigung Ihrer Aufgabe besteht. Bereits bei diesem ersten Kontakt gewinnen Sie einen wertvollen Eindruck: routinierte Höflichkeit oder interessiertes Nachfragen? Rückruf nächste Woche oder Briefing-Gespräch morgen? Nutzen Sie die Gelegenheit zum Austausch über Referenzprojekte, die mit Ihrer Aufgabe vergleichbar sind, und hinterfragen Sie die Agenturrolle im Projekt.
8. Budgethöhe wirkt als Filter
Als kleines Handwerksunternehmen werden Sie eher nicht mit einer hochdekorierten Kreativagentur zusammenarbeiten. Für einmalige Kampagnen oder kurzfristige Aufgaben mit einem vier- oder niedrig fünfstelligen Etat können Sie auch in Krisenzeiten kaum eine Agentur begeistern, die Sie aus den Kreativ-Rankings von „Werben & Verkaufen“ kennen. Deren Tagessätze liegen nicht selten zwischen 50 und 100 Prozent über denen einer kleinen Kommunikationsagentur.
9. One-Man-Show hinterfragen
Bei Agentur-Präsentationen gibt es ihn immer wieder: den Kreativchef, der Sie in einer One-Man-Show vollständig gefangen nimmt und Ihnen praktisch im Vorbeigehen eine Kommunikationslösung präsentiert. Sie sind beeindruckt, fragen sich jedoch, warum sein Team nicht zum Zuge kam. Schließlich kommunizieren Sie anschließend oft nicht mit dem Chef, sondern der Beratung. Da wäre es von Vorteil, wenn Sie vorher auch die Grafikerin, den Texter und die Beraterin kennengelernt hätten. Dadurch hätten Sie sich direkt überzeugen können, dass hinter einer gewinnenden Präsentation auch ein eingespieltes Team steht, die Sie als kreative Impulsgeber für Ihr Projekt brauchen.
10. Es muss nicht unbedingt ein Pitch sein
Um aus Ihren fünf Agenturkandidaten den für Sie passenden Dienstleister für Ihre Kommunikationskampagne zu ermitteln, können Sie verschiedene Formate einsetzen. Der klassische Agentur-Pitch ist dann passend, wenn Sie eine Feinkonzeption der Kampagne einfordern. Diese zeigt, wie sich die Zielgruppenansprache in den einzelnen Kanälen und Formaten konkret gestaltet. Für diesen konzeptionellen, textlichen und gestalterischen Aufwand sollten Sie ein Pitch-Honorar zahlen, denn der Aufwand ist beträchtlich. Beim Sieger des Pitches wird das Honorar oft verrechnet.
Ein zweiter Weg ist das gemeinsame kreative Erarbeiten in Form eines Agentur-Workshops. Lassen Sie sich auf eine Kreativmethode der Agentur ein – zum Beispiel Design Thinking – und finden Sie gemeinsam vor Ort oder per Zoom-Meeting eine innovative Lösung aus einer nutzerzentrierten Perspektive. Hierbei lernen Sie die einzelnen Fachkräfte der Agentur viel besser kennen, als dies in einem Pitch möglich wäre. Für dieses Format sollten Sie sich aber mindestens sechs Stunden Zeit nehmen.
Sie können auch über ein sogenanntes Chemistry Meeting die für Sie richtige Agentur ermitteln. Dieses oft halbtägige Veranstaltungsformat – auch digital möglich – besteht aus einer Agenturvorstellung mit Team und Projekten, der Präsentation eines mit Ihren Anforderungen vergleichbaren Cases durch die Agentur und einem kurzen gemeinsamen Workshop, in dem die man die Herausforderung analysiert und erste Ideen und Ansätze entwickelt. In diesem Format erkennen Sie, ob die Chemie zwischen Ihrem Unternehmen und der Agentur stimmt.
Gesucht: das sympathischste Team für die beste Aufgabenlösung
Es gibt zahlreiche Wege, sich der „richtigen“ Agentur zu nähern. Denn richtig hat ja auch bei Ihnen zahlreiche Aspekte: Expertise, Kompetenz, Vertrauen, Kreativität, Sympathie, Preis-Leistungs-Verhältnis. Je genauer Sie die Kommunikationsaufgabe beschreiben, desto besser können Sie die einzelnen Aspekte und Kriterien priorisieren und gewichten. Gehen Sie planvoll bei Ihrer Suche nach dem richtigen Dienstleister vor: Lassen Sie sich von Suchmaschinen, Verbandstools und Informationsplattformen helfen, aber wählen Sie vor allem das passende Auswahlformat für Ihr Projekt. Und: Hören Sie auf Ihre innere Stimme, wenn es um Vertrauen und Sympathie geht.
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Thomas Docter
Senior Concepter der IW Medien
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