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Zwischen Greenwashing und Greenhushing: Nachhaltigkeit erfolgreich kommunizieren

In einer Zeit, in der Umweltbewusstsein und soziale Verantwortung essenziell geworden sind, gewinnt die authentische Kommunikation von Nachhaltigkeitsengagement zunehmend an Bedeutung. Unternehmen geraten dabei besonders in den Fokus angesichts der Berichtspflichten zum Thema Nachhaltigkeit durch die EU-Richtlinien Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD): Sie stehen mehr denn je vor der Herausforderung, ihre Nachhaltigkeitsbemühungen glaubwürdig zu vermitteln.

Denn derzeit unternimmt die Europäische Union mit der „EU Green Claims Directive“ einen weiteren entscheidenden Schritt, um irreführenden Umweltaussagen entgegenzuwirken und Unternehmen zu mehr Transparenz zu verpflichten. Diese Initiative unterstreicht die Dringlichkeit für Wirtschaftsakteure, in der Nachhaltigkeitskommunikation den schmalen Grat zwischen zwei Extremen zu meistern: Greenhushing und Greenwashing.

Doch was genau steckt hinter diesen Begriffen und wie können Unternehmen authentisch über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten berichten?

Greenhushing vs. Greenwashing: Was bedeutet das?

Greenwashing

Greenwashing bezeichnet das Vortäuschen von Umweltfreundlichkeit – und ist längst als Marketingsünde entlarvt. Wenn Unternehmen ihre Produkte oder Dienstleistungen umweltfreundlicher darstellen, als sie es tatsächlich sind, führt dies häufig zu einem Vertrauensverlust bei Kunden und Stakeholdern. Gängige Mittel sind die Veröffentlichung selektiver Positiv-Informationen und das Weglassen anderer Fakten, das Aufblasen von Nichtigkeiten oder Tricksereien mit Statistiken und Produktdesign.

Greenwashing: drei aktuelle Fälle aus Deutschland

  • Der Süßwarenhersteller Katjes warb 2022 mit „klimaneutralen“ Produkten, obwohl lediglich CO2-Emissionen kompensiert wurden. Ein Gericht untersagte diesen Claim, es sei denn, das Unternehmen erkläre in der Werbung detailliert, wie die angebliche Klimaneutralität erreicht wird. Denn ohne Erklärungen könne der Verbraucher fälschlicherweise annehmen, es sei dem Unternehmen gelungen, bei der Produktion sämtliche Treibhausgasemissionen zu vermeiden.
  • Auch die Drogeriemarktkette dm darf seit 2023 ihre Eigenmarkenprodukte nicht länger mit den Bezeichnungen „klimaneutral“ oder „umweltneutral“ labeln. Der Tenor des Urteils: Versprich nichts, was du nicht halten kannst. Das Gericht entschied, dass die CO2-Kompensation durch Zahlungen für Waldschutzprojekte nicht ausreiche, da das CO2 länger in der Atmosphäre bleibe als die Projekte bestehen. Außerdem wurde bemängelt, dass dm die Verbraucher nicht ausreichend aufklärt – diese Informationen müssten schon auf der Verpackung stehen.
  • Noch nicht vor Gericht, aber vom Bundesrechnungshof scharf kritisiert – die Deutsche Bahn. Der Vorwurf: Pfusch mit Statistiken. Die oberste Finanzkontrollbehörde bemängelt die Intransparenz des Energieträgermixes und die unklaren Treibhausgasemissionen des Bahnkonzerns, die z. B. „beim Bau und bei der Erneuerung des Schienennetzes, der Bahnhöfe und aller weiteren Eisenbahninfrastrukturen entstehen“. Trotz der Behauptung, die ICE-Flotte fahre zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien, sei dies nur rechnerisch korrekt, da fossile Energien unverhältnismäßig dem Regional- und Güterverkehr zugerechnet würden.

Spürbare Sanktionen für Greenwashing geplant

In den bisher verhandelten Fällen wurden keine Bußgelder verhängt. Katjes und dm dürften jedoch einen Reputationsschaden erlitten haben und mussten ihre Werbestrategien anpassen. Für andere Unternehmen könnte sich dies jedoch mit der geplanten EU-Green Claims Directive ändern. Die Richtlinie befindet sich zwar noch in der Verabschiedungsphase, sieht aber potenziell hohe Geldstrafen von bis zu 4 Prozent des Jahresumsatzes bei Verstößen vor.

Greenhushing

Greenhushing wiederum, also das Verschweigen positiver Nachhaltigkeitsleistungen aus Angst, des Greenwashings bezichtigt zu werden, kann dazu führen, dass Unternehmen ihr Potenzial zur Imageverbesserung und Kundenbindung nicht ausschöpfen.

So ergab eine Befragung des Gesamtverbands Kommunikationsagenturen GWA, dass 63 Prozent der Unternehmen aktive Nachhaltigkeitskommunikation betreiben. Allerdings gaben viele an, mehr Nachhaltigkeitsmaßnahmen umzusetzen, als sie nach außen kommunizieren.

Mögliche Gründe für Greenhushing

  • Andere Themen sind in der Außenkommunikation wichtiger.
  • Manche Nachhaltigkeitsthemen gelten als zu trocken oder uninteressant für die Kommunikation.
  • Bei noch nicht weit fortgeschrittenen Nachhaltigkeitsbemühungen wird oft lieber gar nicht kommuniziert als Teilerfolge zu vermelden.
  • Nachhaltiges Handeln gilt als wichtiger als das Reden darüber.
  • Fachleute für Marketing und Kommunikation würden gerne mehr über Nachhaltigkeit kommunizieren, aber das Top-Management hält sich oft zurück, um Greenwashing zu vermeiden.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Studie der Schweizer Beratungsfirma Southpole, für die 1.200 private Unternehmen in zwölf Ländern und 15 Branchen befragt wurden. Demnach entscheidet sich fast ein Viertel der Unternehmen dafür, sein Engagement im Bereich Klimaschutz nicht öffentlich zu kommunizieren. Bei den deutschen Konzernen ist es sogar ein Drittel. Auch hier dominiert die Angst, in die Greenwashing-Falle zu tappen.

Die Lösung für glaubwürdige Nachhaltigkeitskommunikation

Wo liegt nun die goldene Mitte in der Nachhaltigkeitskommunikation? Die Antwort ist so simpel wie anspruchsvoll: Unternehmen sollten ihre Nachhaltigkeitsbemühungen transparent und faktenbasiert kommunizieren, ohne in Selbstbeweihräucherung zu verfallen. Wie das gelingen kann:

Nachhaltigkeit intern verankern

Der Schlüssel zu einer glaubwürdigen Nachhaltigkeitskommunikation liegt in der Unternehmenskultur selbst. Bevor nach außen kommuniziert wird, muss Nachhaltigkeit intern gelebt und verankert werden. Dies gelingt beispielsweise durch:

  • Mitarbeiter-Workshops: Diese vermitteln fundiertes Wissen zu Nachhaltigkeitsthemen und deren Arbeitsplatzrelevanz. Ziel ist die Sensibilisierung für ökologische und soziale Fragen sowie die Weitergabe praktischer Kenntnisse.
  • Green Teams: In abteilungsübergreifenden Arbeitsgruppen werden nachhaltige Lösungen für betriebliche Herausforderungen entwickelt. Das fördert interdisziplinären Austausch und praxisnahe Innovationen.
  • Interne Wettbewerbe: Gezielte Ausschreibungen motivieren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Ideen zur Verbesserung der Nachhaltigkeit einzureichen – von Energiesparkonzepten bis hin zu Vorschlägen für nachhaltigere Produkte.
  • Regelmäßige Updates: Über interne Kommunikationskanäle werden Fortschritte, Herausforderungen und nächste Schritte transparent kommuniziert. Dies hält das Thema präsent und ermöglicht kontinuierliche Verbesserungen.

Diese Initiativen fördern nicht nur das interne Engagement, sondern formen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Nachhaltigkeitsbotschaftern und Change Agents. Das fördert die öffentliche Wahrnehmung und verankert Nachhaltigkeit tief in der Unternehmens-DNA – weit über ein bloßes Marketing-Schlagwort hinaus.

Glaubwürdige externe Nachhaltigkeitskommunikation

Verbraucherinnen und Verbraucher und andere Stakeholder sind heute kritischer und besser informiert als je zuvor. Angesichts der medialen und öffentlichen Skepsis gegenüber Unternehmensaussagen (nicht nur) zu Nachhaltigkeit ist eine glaubwürdige externe Kommunikation daher unerlässlich. Dabei sind folgende Aspekte zu beachten:

  • Transparenz: Unternehmen sollten offen sowohl ihre Erfolge als auch ihre Herausforderungen kommunizieren. Nur so können sie das Vertrauen der Konsumenten und anderer Interessengruppen gewinnen.
  • Messbarkeit: Konkrete Ziele und Key Performance Indicators (KPIs) machen Fortschritte überprüfbar und nachvollziehbar.
  • Kontinuität: Stetige Kommunikation ist entscheidend. Regelmäßige Updates statt einmaliger Kampagnen unterstreichen dauerhaftes Nachhaltigkeitsengagement.
  • Stakeholder-Dialog: Der aktive Austausch mit Interessengruppen wie Kunden, Investoren und NGOs schafft eine Plattform für Feedback und trägt dazu bei, die Nachhaltigkeitsstrategie kontinuierlich zu verbessern.

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Die Rolle der Kommunikationsagentur

IW Medien unterstützt Unternehmen dabei, Nachhaltigkeit effektiv und dabei authentisch zu kommunizieren, intern wie extern. Durch maßgeschneiderte Workshops, Kommunikationsstrategien und den dazu passenden Content begleiten wir den Transformationsprozess und stellen sicher, dass Nachhaltigkeitsziele wirkungsvoll nach innen und außen transportiert werden.

Mit drei zertifizierten Nachhaltigkeitsmanagern und einem großen Team aus Strategen, Kreativen und Redakteuren unterstützen wir Sie in allen Stufen der nachhaltigen Transformation, von der Unternehmensstrategie bis zur Nachhaltigkeitsommunikation gegenüber Beschäftigten und externen Stakeholdern.

Und sollten wir mal etwas nicht wissen: Als Tochter des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) haben wir den perfekten Partner im Rücken. Unsere Kolleginnen und Kollegen dort beschäftigen sich seit Jahren mit der erfolgreichen Transformation von Standort, Branchen und Unternehmen hin zu mehr Nachhaltigkeit. Gemeinsam finden wir Lösungen, die Sie voranbringen.

Fazit: Authentizität ist der Schlüssel zum Erfolg

Erfolgreiche Nachhaltigkeitsommunikation erfordert einen ganzheitlichen Ansatz. Indem Unternehmen ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitnehmen und so intern eine solide Basis für Nachhaltigkeit schaffen, können sie sowohl Greenhushing als auch Greenwashing vermeiden. Letztlich geht es darum, Nachhaltigkeit als integralen Bestandteil der Unternehmensstrategie zu begreifen und glaubwürdig zu kommunizieren – nach innen wie nach außen.

Mehr zum Autor.

Roman Winnicki
Redakteur der IW Medien

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